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Thüringer Architekturpreis für Wohnbauten 2003

Auszug aus dem Preisgerichtsprotokoll vom 22.09.2003

Der Thüringer Architekturpreis für Wohnbauten wurde dieses Jahr zum siebten mal ausgelobt. Der Preis sollte an eine oder mehrere Projekte gehen, die herausragend und besonders qualitätvollen Wohnbau zeigen, der realisiert wurde. Die Bewertung durch eine Jury fand nicht wie beim Realisierungswettbewerb zu einer einzelnen Bauaufgabe statt, sondern zu sehr vielfältigen architektonischen Ergebnissen. Dadurch wurden die Bewertungskriterien vielfältiger und orientierten sich letztlich an der Qualität des realisierten Gebäudes.

Gefragt waren nicht die modischen oder aufgesetzten Leistungen, sondern gerade die einfachen und selbstverständlich wirkenden Beispiele. Und davon gab es ¸überraschend viele und gute Beiträge. Die Jury war sich in einigen Fragen uneins, doch in einem Punkt gab es volle Übereinstimmung: Die große Anzahl guter Beispiele unter den 32 eingereichten Arbeiten zeigte das wachsende Bemühen von Bauherren und Architekten zu mehr Qualität im Wohnbau.

Die eingereichten Bauaufgaben waren vielfältig. Sie reichten vom freistehenden Einfamilienhaus, der Baulücke, Reihenhäusern bis hin zum Geschosswohnungsbau. Beiträge zu Sonderformen des Wohnens wie betreutes und altengerechtes Wohnen waren ebenso vertreten. Bauaufgaben im Bestand, wie Umbauten und Sanierungen konnten leider nur durch wenige Beiträge beurteilt und diskutiert werden. Gerade in diesem Bereich werden immer noch große Bauinvestitionen durchgeführt, qualitätvolle Leistungen sind hier besonders wichtig. In diesem Bereich besteht Nachholbedarf auch an eigenständigen und vielfältigen Ansätzen.

Der Architekturpreis für Wohnbauten zeigt ein gutes Resultat. Viele Projekte aus dem 2. und 3. Rundgang waren ebenso herausragende und gute Projekte. Es braucht solche Beispiele zur Orientierung und auch zur Diskussion gleichermaßen. Die Vergabe des Preises und die Ausstellung weckt das Interesse für einen qualitätvolleren Umgang mit allen Bauaufgaben. Angesichts der vielen gebauten Banalitäten und der stetig wachsenden Einfamilien - Wohngebiete mit stereotypen Mustern, ist der informierte und interessierte Bauherr gefragt. Dafür braucht es Informationen und die Möglichkeit gewohnte Sichtweisen zu hinter fragen.

Das Interesse für die Wohnung, das Haus, den Garten, die Straße und damit für die Stadt kann nur wachsen, wenn wir bereit sind, uns ¸über die vielfältigen Zusammenhänge zu informieren. Das Bauen mit dem Architekten ermöglicht diese Informationen auf unmittelbarem und direktem Wege. Sie ermöglicht darüber hinaus eine eigene Position einzunehmen und die individuellen Entscheidung auf einer soliden Grundlage zu treffen. Nur so kann vorbildliche Architektur entstehen. Viele der eingereichten Projekte zeigten diesen Anspruch in großem Maße. Der vorbildliche Bauherr, der mit einem guten Architekten baut, wird belohnt, nicht nur mit einem Architekturpreis sondern mit einer nachhaltigen und damit richtigen Entscheidung.

Allen Bauherrn und Ihren Architekten sei für die Teilnahme an diesem Wettbewerb sehr herzlich gedankt.

Prof. Michael Mann, Fachbereich Architektur, FH Erfurt


An der Preisgerichtssitzung nahmen teil:

Jury:

  • Werner Schwarz, LBS Landesbausparkasse Hessen-Thüringen Erfurt / Mitauslober des Wohnbaupreises 2003
  • Prof. Michael Mann, Fachhochschule Erfurt, Fachbereich Architektur (Vorsitzender der Jury)
  • Dipl.-Ing. Karsten Merkel, Freier Architekt, Meiningen, Mitglied des Vorstandes der Architektenkammer Thüringen
  • Mag. arch. Andreas Cukrowicz, Freier Architekt, Bregenz
  • Siliva Britz, Freie Architektin, Erfurt, Mitglied des Vorstandes der Architektenkammer Thüringen
  • Olaf Langlotz, Thüringer Innenministerium , Abteilung Städte- und Wohnungsbau, Erfurt
  • Klaus Behrens, Thüringer Finanzministerium, Abteilung Hochbau, Erfurt

Thüringer Architekturpreis für Wohnbauten 2003

10.000,00 €

Bauvorhaben:
Wohn- und Seniorenzentrum Weimar

Architekt:
Architekturbüro Schettler & Wittenberg Weimar

Landschaftsarchitekten:
Entwurf: Planungsbüro Dane, Weimar
Ausführung: Architektur- und Stadtplanungsbüro Birgit Helk, Mellingen

Bauherr:
Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Weimar e. G., Weimar


Beurteilung:
Die in verdichteter Bauweise errichtete Anlage übernimmt städtebaulich sensibel die Strukturen seiner Umgebung und entwickelt eine eigene Grundstruktur mit interessant gegliederten Außenraumsituationen.
Die Anlage mit ihren kompakten Einheiten zeichnet sich durch kostenbewusstes Bauen sowie flächen- und ressourcensparenden Umgang mit Grund und Boden aus. Die architektonische Gestaltung der Baukörper ist der Aufgabe entsprechend umgesetzt, sie ist gekonnt, ansprechend und angenehm unmodisch.
Das Projekt überzeugt thematisch als zukunftsweisendes Wohnkonzept und bietet Familien und Senioren ein ansprechendes Wohnumfeld. Die Grundrisse sind flexibel gestaltbar. Die hohe Wohnqualität wird verstärkt durch zusätzliche infrastrukturelle Einrichtungen wie Schwimmbad, Sauna, Physiotherapie- und Arztpraxen, diverse Einkaufsmöglichkeiten sowie Clubräume für Senioren.
Sämtliche Bauten und Einrichtungen der Anlage sind barrierefrei erreichbar. Das Innere der Siedlung ist autofrei gehalten. Die Freiräume zwischen den Baukörpern sind differenziert nutzbar, das Verhältnis zwischen öffentlichen und privaten Flächen ist ausgeglichen, nutzerfreundlich und respektiert unterschiedlichste Ansprüche. Für die Wahrung der Privatheit werden Gärten im Erdgeschoss und Dachterrassen für gemeinschaftlichen Aufenthalt angeboten.

Die Jury ist überzeugt von der Grundidee dieses zukunftsweisenden und innovativen Wohnkonzeptes.

Ein Nebeneinander von Familien mit Kindern, Senioren, Jung und Alt mit den infrastrukturellen Institutionen für die täglichen Besorgungen und Treffpunkte. Die Anlage bietet die notwendigen Einrichtungen und das Umfeld, in dem man alt werden kann ohne die gewohnte Umgebung verlassen zu müssen. Nicht der Zwang zum Wohnortwechsel, sondern die Möglichkeit von Wohnungswechsel verbunden mit allen möglichen Qualitäten des Alltages und des Lebens. Gelebte Nachbarschaft aller Altersstufen wird hier schon strukturell und ungekünstelt angeboten, wie ein kleines Dorf, eine überschaubare Einheit.


Die Innovationen sind nicht a priori neu. Sie sind entstanden aus Bedürfnissen und Rückbesinnungen, aus Traditionen, aus dem Zusammenleben von Menschen an sich, vielleicht ein wichtiger Schritt zurück zu bewährten Werten, ein Schritt weg vom individualisierten Singlehaushalt hin zu einem neuen Miteinander. Die Rahmenbedingungen hierzu wurden an diesem Ort geschaffen.

Anerkennung


Bauvorhaben:
Einfamilienhaus Mückenheim, Erfurt

Architekt:
Architekt Volker Schreiber, Erfurt

Bauherr:
Holger Mückenheim, Erfurt

Beurteilung:
Das Haus liefert einen wertvollen Beitrag zu dem Thema „Kosten- und flächensparendes Bauen“. Eine langgestreckte, schmale Bebauung folgt harmonisch dem Baugrundstückszuschnitt und ermöglicht den Bewohnern eine optimale Nutzung der Gartenfläche an der Süd- und Westseite. 200 Euro pro Kubikmeter umbauten Raumes als reine Baukosten zeugen von einem hohen Kosten-Nutzen-Faktor.
Der zweigeschossige Baukörper mit einem Satteldach besticht durch seine angenehm menschlichen Proportionen, die dem Gebäude unterstützend durch den sparsamen Einsatz von gut aufeinander abgestimmten Materialien eine großzügige Wirkung verleihen.
Bemerkenswert auch das konsequente Wechselspiel von geschlossenen und offenen Fassadenflächen als Ausdruck der inneren Organisation. Das Haus ist in der Lage „mitzuwachsen“, d.h. durch eine intelligente Raumaufteilung können die Bedürfnisse mehrerer Generationen (von Vor-Kinder-Phase bis zum Familienzuwachs) befriedigt werden.
Trotz der sehr geringen Investitionskosten werden dennoch Belange der Reduzierung von Betriebskosten verwirklicht: Hoher Dämmstandard, die EnEV 2002 wird bereits erfüllt, die Trinkwassererwärmung erfolgt über einen Solarkollektor, das Regenwasser wird in einer Zisterne gesammelt und genutzt.
Das Haus besitzt zusammenfassend einen beispielgebenden Charakter für zeitgemäßes Wohnen mit unaufdringlicher, angenehm frischer Architektursprache.

veröffentlicht am 22.09.2003 von Susann Weber · Rubrik(en): News, Verfahren / Auszeichnungen / Preise: Ergebnisse

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