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„Verpassen Sie nicht die Chancen, die Ihnen geboten werden!“

Vizepräsident Michael Hardt zur neuen Weiterbildungsstaffel „Nachhaltiges Planen und Bauen“

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Windpark bei Erfurt, Bild: Architektenkammer Thüringen

In diesem Jahr feiern viele Büros ein stolzes Jubiläum, blicken auf eine bewegte Zeit zurück. Vor zwanzig Jahren starteten wir gemeinsam, auch in ein neues Berufsverständnis: der Architekt als Generalist in einem komplexen Planungs-, Organisations- und Bauprozess. Schluss war mit der aufgezwungenen Schmalspurausübung unseres Berufes. Wir ergriffen die Chancen, die uns geboten wurden.

Ein wesentlicher Baustein unseres neu erworbenen Selbstverständnisses war damals auch die Weiterbildung, angeschoben von der gerade neu gegründeten Architektenkammer Thüringen.

Für 50 Mark am Tag (wie viel Prozent eines Nettoeinkommens war das damals?) saßen wir an Wochenenden in überfüllten Räumen, hörten von HOAI und VOB, sollten Kostenansätze zu Gebäuden ermitteln, von denen nur erste Skizzen vorlagen – „immer mutig schätzen“ höre ich noch heute einen Kollegen aus Hessen sagen. Wir sogen uns mit dem neuen Wissen voll, waren gewillt, die Dinge nun selbst in die Hand zu nehmen.

Und heute, zwanzig Jahre später? Stehen wir nicht vor vergleichbar neuen Herausforderungen? Politiker wie Angela Merkel, oft als Architekten oder Baumeister Europas bezeichnet, interessieren sich im Zuge des Klimawandels für Fensterprofile, erklären das Energiesparen in den eigenen vier Wänden als Bürgerpflicht. Die Thüringer Landesregierung gibt mit ihrem Koalitionsvertrag konkrete Ziele vor: „Wir müssen mit weniger Energie auskommen und diese besser nutzen.“ Und weiter ist zu lesen: „Die energetische Sanierung und die Nutzung erneuerbarer Energien in Gebäuden ist zu forcieren ... Landesentwicklung und Verkehr müssen eine größere Effizienz beim Ressourcenverbrauch, bei der Nutzung von Energie und beim Flächenverbrauch erreichen … Thüringen soll zum grünen Motor Deutschlands werden.“

Genügt das heutige Wissen in der Breite unseres Berufsstandes, diesen Ball aufzunehmen, diesen Anforderungen gerecht zu werden? Diese Frage sollte sich jeder praktizierende Architekt stellen. Die Errichtung und Nutzung aller Gebäude für Wohnen, Verwalten, Transport, Bildung, Kultur, Handel, Gewerbe und Industrie verantwortet 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs, 30 Prozent des Materialverbrauchs, 30 Prozent der Abfälle und 40 Prozent der CO2-Emissionen in Europa. An jedem Tag werden 130 Hektar Flächen in Deutschland neu versiegelt und mit jedem nicht optimal errichteten Gebäude, jeder Sanierung, jedem Umbau lösen wir kein Problem, sondern verursachen ein neues.

Die künftige Aufgabe, der wir uns stellen müssen, ist die Optimierung unserer Gebäude einschließlich der dazu gehörenden notwendigen Haustechnik. Das zu lösen ist Auftrag eines jeden Architekten – und dafür ist Grundlagenwissen nötig. Wie müssen unsere Landschaften, Städte, Gemeinden und Gebäude im Zeitalter der Energiewende aussehen? Und die Frage heißt natürlich auch: Welche Rolle spielen wir als Architekt in diesen Prozessen, wenn wir Generalist bleiben wollen?

Eine der wichtigsten Berufspflichten des Architekten ist die ständige Weiterbildung. Im Jahr 2009 gründete sich in der Architektenkammer Thüringen die neue „Arbeitsgemeinschaft Nachhaltigkeit“. Das erste konkrete Thema, dem wir uns widmeten, war die Erarbeitung einer Weiterbildungsstaffel von zehn Tagesseminaren an der Bauhaus Akademie Schloss Ettersburg, die, einzeln oder zusammen belegt, ein Überblickwissen zum Thema Nachhaltigkeit vermitteln. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft, Hochbauarchitekten, Städteplaner, Freiflächenarchitekten und Energieberater, erarbeiteten dieses komplexe, anspruchvolle Programm.

Stichpunkte zu einzelnen Themengebieten sind:
- Nachhaltiges Planen – neue Sichtweisen und neue Geschäftsfelder
- Integrierte Stadtentwicklung – Werkzeuge für die Praxis
- Entwicklung und Trends moderner Baustoffe
- Alles nur Fassade? Gebäudehüllen mit Zukunft
- Energieeffiziente Haustechnik
- Wirtschaftlichkeit hoher Effizienzstandards – Auswirkungen auf
den Immobilienmarkt
- Grundlagen und Hilfsmittel für die Nachhaltigkeitsbewertung

Wir befinden uns inmitten von Bauaufgaben im Neubau und in der Sanierung, Großprojekte und scheinbar kleine Bauaufgaben gilt es zu bewältigen, Nachfragepotential der öffentlichen Hände und vieler Privater zu bearbeiten, Arbeit für jede Bürogröße. Es gilt, Aufgaben zu lösen, die das ganze Land betreffen, jedes Gebäude und jeden Umbau.

Diesen Aufgaben müssen wir uns stellen, wer sonst kann sie komplex
lösen? Lasst uns heute, genau so ambitioniert wie vor zwanzig Jahren, verantwortungsvoll fragen: Welches Wissen benötigen wir zur Lösung dieser Aufgaben? – Nutzen Sie deshalb die Weiterbildungsangebote, die
Berufskollegen für uns alle entwickelt haben. Schreiben Sie uns, was noch zu verbessern ist. Wir sind daran interessiert, von Ihnen zu hören, Ihre Erfahrungen und Anregungen in den Weiterbildungsinhalten zu berücksichtigen.

Nur: Verpassen Sie nicht die Chancen, die Ihnen geboten werden!

Michael Hardt, Architekt BDA, Energieberater, Vizepräsident der AKT

veröffentlicht am 01.06.2010 von Björn Radermacher · Rubrik(en): Fortbildungen, News

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