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EnEV 2014: ein nüchterner Überblick

Entwicklungsschritte und Zielrichtungen

Berufspraxis, Bild: Architektenkammer Thüringen

Text: Holger Stertz, Volker Drusche

Die erste EnEV trat 2002 in Kraft und wurde bereits 2004 durch eine Novelle abgelöst. 2007 gab es eine Neufassung, um die Verordnung an die EU-Richtlinien über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden anzupassen. Eine weitere Novellierung erfolgte 2009 und für 2012 war die nächste geplant, selbige ist aber erst mit zwei Jahren Verspätung am 1. Mai des zurückliegenden Jahres als EnEV 2014 in Kraft getreten. Sie wird als wichtiger Zwischenschritt hin zum EUNiedrigstenergiegebäudestandard deklariert, der ab 2019 bzw. 2020 angestrebt wird.

Nachfolgend soll versucht werden, den erreichten Stand durch einen Vergleich mit den KfW-Effizienzhaus-Förderprogrammen zu verdeutlichen: Mit der EnEV 2014 wird ab 2016 beim Neubau noch nicht der Standard vom KfW- Effizienzhaus 70 erreicht. Bevor man beim EU-Niedrigstenergiehaus angelangt ist, gibt es bei der KfW noch das Effizienzhaus 55 und das Effizienzhaus 40. Für diese Entwicklung bleiben dann aber gerade noch fünf Jahre Zeit. Der erforderliche Restenergiebedarf soll dann überwiegend aus regenerativen Quellen kommen. Vor diesem Hintergrund kann man verstehen, dass der „Zwischenschritt“, den die EnEV 2014 vollzieht, von vielen Fachleuten als enttäuschend empfunden wird. Doch sehen wir uns im Folgenden an, welche konkreten Veränderungen die EnEV 2014 bringt.

Als Bauplaner wollen wir zunächst die Änderungen betrachten, die unsere Baumaßnahmen betreffen. In der Reihenfolge des Inkrafttretens gibt es Folgendes zu beachten:

  1. Seit 1. Mai 2014 ist den Berechnungen ein verändertes Referenzklima (Potsdam) zugrunde zu legen. Davon merkt man als Planer kaum etwas, da das Referenzklima in der Berechnungssoftware „versteckt“ ist. Man sollte aber darauf achten, dass es bei den benutzten Programmen eingepflegt ist. Die Abweichung in den Ergebnissen ist zwar gering, kann aber unter bestimmten Umständen unangenehm sein.
  2. Seit Anfang 2015 müssen nun alle Heizkessel ersetzt sein, die älter als 30 Jahre sind. Das gilt für Häuser, die nach dem 1. Februar 2002 ihren Besitzer gewechselt haben und Häuser, die ab jetzt ihren Besitzer wechseln. Hier gelten einige Ausnahmeregelungen von 2002 weiter.
  3. Erst ab 1. Januar 2016 wird es für Planer interessant. Dann tritt für Neubauten eine Anhebung der energetischen Anforderungen in Kraft. Diese Verschärfung betrifft einerseits den zulässigen Jahres-Primärenergiebedarf, der um ca. 25 % gesenkt wird und andererseits die Wärmedämmung der Gebäudehülle, deren zulässiger Wärmedurchgang um ca. 20 % geringer sein muss als nach der EnEV 2009. Stichtag für die Wirkung auf ein Bauvorhaben ist die Einreichung des Bauantrages oder der Bauanzeige, bei verfahrensfreien Vorhaben der Baubeginn.

Hingewiesen sei hier noch auf die Tatsache, dass die Verschärfung der Anforderungen nicht auf der Ebene der Komponenten des Referenzgebäudes, sondern auf der Ebene der Berechnungsergebnisse definiert wird. Dies bedeutet, man kann nicht mehr davon ausgehen, dass ein Gebäude mit den Eigenschaften des Referenzgebäudes den EnEV-Nachweis besteht. Im Gegenteil, es besteht ihn mit Sicherheit nicht, was zunächst verwirrend ist, aber offensichtlich nicht eleganter gelöst werden konnte. Bei der Nachweisführung für ein Gebäude wird also der Schritt zu einer ersten zulässigen Lösung schwieriger. Unter diesem Aspekt kann das derzeit in die Diskussion geratene „Modellgebäudeverfahren“ (auch „EnEV easy“ genannt) eventuell wieder etwas Sicherheit in die frühen Phasen der Planung von Wohngebäuden bringen. Allerdings verstärkt sich dadurch auch die Unübersichtlichkeit der Berechnungsverfahren mit dem Nebeneinander differenter Berechnungsergebnisse.

Eine weitere Gruppe von Änderungen betrifft Vorgaben für Energieausweise. Ein Teil der Änderungen betrifft in erster Linie Hausbesitzer, Grundstücksmakler und Immobilienverwaltungen, die meisten gelten seit 1. Mai 2014:

  1. Bei Verkauf und Vermietung von Gebäuden muss ein Energieausweis dem Käufer oder Mieter ausgehändigt werden. Bereits bei der Besichtigung der Immobilie muss er initiativ vorgelegt werden (bislang nur auf Nachfrage).
  2. Bei Immobilienanzeigen ist ab 1. Mai 2015 die Energieeffizienzklasse anzugeben, wobei es Ausnahmen gibt.
  3. Die Pflicht der öffentlichen Hand zum Aushang von Energieausweisen in behördlich genutzten Gebäuden wird verschärft und gilt für Gebäude über 500 m² Nutzfläche, ab Juli 2015 bereits ab 250 m² Nutzfläche.
  4. Der Energieausweis muss auch in bestimmten nicht behördlich genutzten Gebäuden mit starkem Publikumsverkehr (Läden, Restaurants, Hotels etc.) öffentlich ausgehängt werden.

Eine Veränderung bei den Vorgaben für die Energieausweise betrifft nun auch die Bauingenieure und Architekten als prädestinierte Ersteller dieser Ausweise. Damit in den Immobilienanzeigen eine Energieeffizienzklasse angegeben werden kann, wurde diese Anforderung bei der Erstellung der Energieausweise verbindlich eingeführt. Es gibt nun die Klassen A+ bis H. Beim Einsatz von Softwareprodukten zur Erstellung von Energieausweisen ist also darauf zu achten, dass diese eine aktuelle Schnittstelle zur DIBt-Druckapplikation aufweisen.

Was sich gegenüber der EnEV 2009 nicht verändert hat
Bemerkenswert ist hier vor allem, dass es bei den Anforderungen an die energetische Qualität bestehender Gebäudehüllen weiterhin nur für Fälle der Änderung, wie zum Beispiel eine Putzerneuerung, Anforderungen gibt.

Umsetzung der EnEV 2014
Erstmals in der Geschichte der EnEV werden unabhängige Stichprobenkontrollen der Energieausweise und der Berichte über die Inspektion von Klimaanlagen durch die Länder angekündigt. Hier ist abzuwarten, wie das praktisch umgesetzt werden soll. Es könnte ein Betätigungsfeld für spezialisierte Ingenieure und Architekten werden.

Die Architekten Dipl.-Ing. Holger Stertz und Dr.-Ing. Volker Drusche sind freiberuflich in Weimar tätig und Mitglieder im Arbeitskreis Energie.

veröffentlicht am 28.01.2015 von Björn Radermacher · Rubrik(en): Berufspraxis, News

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