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Architekturpreis geht an Heike Hanada für das Bauhaus-Museum Weimar sowie an Lina Mentrup für das Sommerfrischehaus in Döschnitz

Pressemitteilung 06.06.2019

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Preisträger: Bauhaus-Museum Weimar, heike hanada laboratory of art and architecture, Bild: Andrew Alberts

Zwei Preisträger und drei Anerkennungen beim Architekturpreis der Architektenkammer Thüringen 2019

Das Bauhaus-Museum in Weimar von Architektin Prof. Heike Hanada, Berlin, sowie das Sommerfrischehaus in Döschnitz von Architektin Lina Mentrup, Jena, erhalten den Architekturpreis der Architektenkammer Thüringen 2019. Mit dem Preis, der seit 2005 alle zwei Jahre ausgelobt wird, zeichnet die Architektenkammer Thüringen beispielhafte Architektur im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Tag der Architektur“ aus. Unter den 110 teilnehmenden Objekten aus den Jahren 2018 und 2019 kürte die Jury unter Vorsitz von Peter Frießleben, Architekt und Innenarchitekt aus Halle (Saale), neben den beiden Preisträgern auch drei Anerkennungen.

Je eine Anerkennung geht an Haus-mit-Zukunft Architekten, Erfurt, für den Empfangspavillon an der Wartburgschleife in Eisenach, an Cornelsen+Seelinger Architekten BDA, Darmstadt, für das Forstamt Jena-Holzland in Stadtroda sowie an Architekt Bernward Paulick, Volkenroda, für den Raum der Stille in Volkenroda.

Anlässlich der Preisverleihung am Abend des 6. Juni im Erfurter Angermuseum begründete Frieder Kreß, Vizepräsident der Architektenkammer Thüringen und Mitglied der Jury, das Votum für die beiden Preisträger: „Beim Bauhaus-Museum in Weimar würdigt die Jury neben der gelungenen Einbindung in den städtebaulichen Kontext vor allem die sich nach innen überraschend öffnende Raumabfolge des nach außen geschlossen wirkenden Kubus.“ Das Gebäude nehme „Haltung“ an, im Sinne des Bauhauses entstehe so ein interaktives, offenes Haus, ein Ort für Auseinandersetzung, Diskussion und sinnliche Erfahrung.

Das Sommerfrischehaus in Döschnitz überzeugte die Jury „als Zukunftsentwurf für andere, noch nicht erweckte Häuser im Schwarzatal“, es bewahre die Architektur der Region und mache sie wieder nutzbar. „Mit wenigen Mitteln gelang es, die lokale Bautradition der Sommerfrische-Häuser wiederzubeleben, alte Materialien zu erhalten“, heißt es in der Beurteilung der Jury.

Preisträger

  • Bauhaus-Museum Weimar (Neubau)
    heike hanada laboratory of art and architecture, Berlin
    Bauherr: Klassik Stiftung Weimar
    (Teilnehmer Tag der Architektur 2019)
  • Sommerfrischehaus Döschnitz (Innenraumgestaltung)
    Lina Mentrup, freie Architektin, Jena
    Bauherr: Zukunftsstiftung Schwarzatal e.V. in Kooperation mit der IBA Thüringen
    (Teilnehmer Tag der Architektur 2018)

Anerkennungen

  • Empfangspavillon an der Wartburgschleife, Eisenach (Neubau)
    Haus-mit-Zukunft Architekten Kaiser Weiß PartGmbB, Erfurt
    Bauherr: Wirtschaftsbetriebe Wartburg GmbH, Eisenach
    (Teilnehmer Tag der Architektur 2018)
  • Forstamt Jena-Holzland, Stadtroda (Neubau)
    Cornelsen+Seelinger Architekten BDA, Darmstadt
    Bauherr: ThüringenForst – Anstalt öffentlichen Rechts, Erfurt
    (Teilnehmer Tag der Architektur 2019)
  • Raum der Stille, Volkenroda (Umbau)
    Bauhütte Volkenroda, Architekt Bernward Paulick
    Bauherr: Stiftung Kloster Volkenroda
    (Teilnehmer Tag der Architektur 2018)

Zum Preis

Der Architekturpreis der Architektenkammer Thüringen zielt weniger auf die Größe oder den gesellschaftlichen Rang der Projekte. Gesucht sind auch Beispiele, die durch ihre funktionelle, formale oder technische Lösung überraschen, die originell sind oder verblüffend einfach, die auf besondere Weise auffallen oder eher bescheiden sind – Bauten, die vielleicht kompromisslos innovativ sind oder auf erfrischende Art Traditionsbewusstsein und Moderne miteinander verbinden. Der Preis soll die Vielseitigkeit alltäglicher Architekturaufgaben hervorheben. Das heißt, die Vorhaben ins Blickfeld zu rücken, die für das allgemeine Qualitätsniveau der Architektur und damit der Baukultur in Thüringen mindestens so wichtig sind wie die großen, spektakulären Projekte.
Mitglieder der Jury waren neben dem Vorsitzenden Peter Frießleben (Architekt und Innenarchitekt, Vizepräsident der Architektenkammer Sachsen-Anhalt, Halle/Saale) Frank Emrich (Verbandsdirektor, Verband Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft e. V., Erfurt), Frieder Kreß (Innenarchitekt, Vizepräsident der Architektenkammer Thüringen, Erfurt), Birgit Schindler (Redakteurin, Mitteldeutscher Rundfunk, Erfurt) sowie Dirk Seelemann (Landschaftsarchitekt, Markkleeberg).

Vollständige Jury-Beurteilungen

Preisträger: Bauhaus-Museum Weimar (Neubau)
Planungsbüro: heike hanada laboratory of art and architecture, Berlin
Bauherr: Klassik Stiftung Weimar

Die unübersehbare monolithische Kubatur des geometrisch reduzierten Körpers aus hellgrauem Sichtbeton, horizontal gegliedert durch umlaufende Fugen, die nachts mit 24 LED-Lichtlinien die Fassade illuminieren, lässt das Gebäude selbstbewusst wirken. Durch seine markante stadträumliche Präsenz sowie der bewusst provokanten Gegenüberstellung zum monumentalen „Gauforum“ rückt die Museumsarchitektur in eine nicht zu unterschätzende Vermittlerrolle – sie thematisiert die Wiege des Bauhauses und die Vertreibung der „Bauhäusler“ aus Weimar. Das Museum bildet somit das Kernstück für ein zukünftiges „Quartier der Moderne“, es wird entscheidend dazu beitragen, touristische, historische und zeitgenössische Perspektiven Weimars neu zu entwickeln. Den Besucher erwartet eine schlichte Innenarchitektur, die sich an Industriehallen mit ihrem Werkstattcharakter orientiert. Die Materialität der Außenhülle wird konsequent nach Innen übernommen. Sichtbare, bauteilaktivierte Rippendecken tragen zur Reduktion des Energiebedarfs bei, beherbergen die Lichttechnik und verbessern die Raumakustik. Langlebige Baustoffe wie Glas, Stahl, kalkgeschlemmte Betonwände sowie Terrazzofußböden ergänzen das Nachhaltigkeitskonzept; ihre bescheidene Zurückhaltung unterstützt Farbigkeit, Materialität und Formensprache der Exponate. Die Eingangshalle erschließt über schmale Kaskadentreppen das Untergeschoss mit Café und Terrasse in den Park wie auch die darüberliegenden drei Ausstellungsgeschosse. Die Jury würdigt neben der gelungenen Einbindung in den städtebaulichen Kontext vor allem die sich nach innen überraschend öffnende Raumabfolge des nach außen geschlossen wirkenden Kubus. Das Gebäude nimmt „Haltung“ an, im Sinne des Bauhauses entsteht so ein interaktives, offenes Haus, ein Ort für Auseinandersetzung, Diskussion und sinnliche Erfahrung.

Preisträger: Sommerfrischehaus Döschnitz (Innenraumgestaltung)
Planungsbüro: Lina Mentrup, freie Architektin, Jena
Bauherr: Zukunftsstiftung Schwarzatal e. V. in Kooperation mit der IBA Thüringen

Gestresste Städter suchten im 19. und frühen 20. Jahrhundert Erholung im Schwarzatal, genossen die „Sommerfrische“ des Thüringer Waldes. Diese Tradition ging verloren, auch die Sommerfrische-Villen fielen in den Dornröschenschlaf. Erweckt wurde nun wieder ein Haus in Döschnitz. Im nicht besuchten Heimatmuseum wurde eine Gästewohnung eingerichtet. Das Hauptaugenmerk der jungen Architektin Lina Maria Mentrup lag darauf, die Qualität des Historischen herauszuarbeiten und mit modernen Elementen zu ergänzen. Nur minimal waren die Eingriffe in die Räume, sie erhielten ihre ursprünglichen Proportionen zurück. Mit Fingerspitzengefühl und Herzblut wurden Treppe und Fenster aufgearbeitet, die Wände mit Lehm geputzt und weiß getüncht. Die Einrichtung ist einfach, man kann schon sagen, spartanisch. Bett, Stuhl und Tisch. Der Ofen und die Kochstelle sind historisch. Ein kleines Bad wurde als modernes Element hinzugefügt und steht im baulichen Kontrast zur historischen Hülle. Mit wenigen Mitteln gelang es, die lokale Bautradition der Sommerfrische-Häuser wiederzubeleben, alte Materialien zu erhalten. Erzeugt wird ein reduziertes Wohngefühl, das nicht ablenkt, aber alle Grundbedürfnisse heutiger Zeit erfüllt. Gedacht ist die Gästewohnung deshalb auch zum Probewohnen, bei dem Städter das Leben auf dem Land zeitweise ausprobieren oder als Rückzugsort für Kopfarbeiter, die Klausuren oder Bücher schreiben wollen. Urlauber, die sanften Tourismus mögen, sind gern gesehene Gäste. Das Sommerfrischehaus dient als Zukunftsentwurf für andere, noch nicht erweckte Häuser im Schwarzatal, es bewahrt die Architektur der Region und macht sie wieder nutzbar.

Anerkennung: Empfangspavillon an der Wartburgschleife, Eisenach (Neubau)
Planungsbüro: Haus-mit-Zukunft Architekten Kaiser Weiß PartGmbB, Erfurt
Bauherr: Wirtschaftsbetriebe Wartburg GmbH, Eisenach

Mit Überraschung wird jeder Besucher dieses markante kleine Bauwerk bemerken, wenn er die Wartburg mit dem PKW besucht. Und im Hinterkopf entsteht schon die Frage: Wie hält denn das? Das offensichtlich bis aufs Letzte ausgereizte Tragwerk bleibt verborgen, das Bauwerk wird zur Skulptur. Und diese hat es in sich: Es sind alle notwendigen Funktionen für Besucher und Bewirtschaftung untergebracht. Der Besucher findet Kassenautomaten und Schließfächer, steht im Trockenen oder im Schatten, je nach Witterung. So demonstriert gut durchdachte Architektur, dass alltägliche Funktionen mit klarer Gestaltung überzeugen können.

Anerkennung: Forstamt Jena-Holzland, Stadtroda (Neubau)
Planungsbüro: Cornelsen + Seelinger Architekten BDA, Darmstadt
Bauherr: ThüringenForst – Anstalt öffentlichen Rechts, Erfurt

Der Bau des neuen Forstamtes in Stadtroda besticht nicht nur durch seinen ganzheitlich ökologischen Ansatz. Die traditionelle Holzbauweise wird mit diesem Beitrag in einer zeitgemäßen Architektur umgesetzt. Klare Grundrissstrukturen, eine überzeugende Gebäudekonstruktion und deren gleichzeitig lichtdurchflutete Leichtigkeit prägen diesen hochmodernen Verwaltungsbau. Neben der Verwendung des nicht einfach nur ökologischen und Kohlendioxid bindenden Baustoffes Holz wurde vor allem auch auf den regionalen Bezug der Bauweise großer Wert gelegt, welcher auch durch die vielen Blickbeziehungen zwischen innen und außen permanent erlebbar bleibt. Durch die zahlreichen zum Außengelände hin ebenerdigen Glasfassaden können Innen- und Außenräume elegant ineinanderfließen und sich wohltuend in die Natur einfügen. Optisch erhält das Gebäude dadurch eine fast schwebende Leichtigkeit, die sich auch durch seine teils naturbelassenen Oberflächen erfrischend in das Landschaftsbild integrieren kann. Das Bauwerk ist ein überzeugender und beispielhafter Beitrag zeitgemäßer Architektur in modern umgesetzter Holzbauweise.

Anerkennung: Raum der Stille, Volkenroda (Umbau)
Planungsbüro: Bauhütte Volkenroda, Architekt Bernward Paulick
Bauherr: Stiftung Kloster Volkenroda

Das Kloster Volkenroda ist ein guter Boden, auch etwas auszuprobieren. Schon seit vielen Jahren arbeitet der Architekt Bernward Paulick immer wieder bei seinen Entwürfen mit alten Materialien, welche er gern im neuen Kontext einsetzt. So bestimmen bei dem Umbau Holz und Lehm das Grundgerüst der Konstruktion, zu dem Bernward Paulick allerdings nur eine Entwurfszeichnung schuf. In den zwei Jahren Bauzeit arbeiteten an dem Projekt ansonsten nur die Besucher des Klosters unter der Anleitung des Architekten. Mit naturgefärbtem, gestampftem Lehm in verschiedenen Farbtönen und rohem bearbeiteten Holz entstand so ein Raumgefüge ganz besonderer Art. Nur über drei Glasschlitze durchflutet das Licht den Raum. Eine einzigartige Atmosphäre wirkt auf den eintretenden Besucher. Es entschleunigt und schafft Stille. Besucher können den etwas verborgen hinter einer Holzschalung liegenden Raum der Stille für sich entdecken und die Wirkung des Raumes auf den eigenen Körper spüren.

Informationen zum Tag der Architektur 2019:
www.architekten-thueringen.de/tda/

veröffentlicht am 06.06.2019 von Björn Radermacher · Rubrik(en): News, Tag der Architektur, Pressemitteilungen, Verfahren / Auszeichnungen / Preise: Ergebnisse

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